Wer schwerbehindert ist, muss sich im deutschen Rentensystem doppelt durchbeißen. Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten, früher in Rente zu gehen. Die schlechte: Wer sie nutzen will, muss sich selbst darum kümmern. Warten, bis jemand einem Bescheid sagt, funktioniert hier nicht. Es braucht Eigeninitiative, Ausdauer und ein gutes Verständnis dafür, was wann zu tun ist.
Ohne amtlichen Schwerbehindertenausweis läuft gar nichts. Erst wenn dieser vorliegt – mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 – wird die Tür zur vorgezogenen Altersrente überhaupt einen Spalt breit geöffnet. Und nein, ein einfacher ärztlicher Bericht reicht nicht. Es braucht einen offiziellen Bescheid vom Versorgungsamt. Wer ihn nicht hat, kann auch keine entsprechenden Anträge stellen.
Aber selbst mit Ausweis geht es nicht einfach los. Entscheidend ist, wie lange Sie bereits Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben. 35 Jahre müssen es mindestens sein. Ohne diesen Zeitraum geht nichts. Das heißt: Schulzeit zählt nicht. Minijobs nur manchmal. Kindererziehungszeiten? Ja – aber auch hier kommt es auf Details an. Wer nicht genau weiß, was in seinem Rentenkonto steht, sollte zuerst die Kontenklärung anstoßen. Die dauert – und sie ist zwingend.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, bleibt die Frage: mit oder ohne Abschläge? Wer mindestens 62 Jahre alt ist, kann in Rente – aber nicht abschlagsfrei. Wer die volle Summe will, muss warten. Aktuell ist das mit 65 Jahren möglich. Wer früher geht, bekommt weniger. Jeden Monat. Für den Rest des Lebens. Das kann sich lohnen – oder finanziell richtig wehtun. Es kommt auf die Lebensplanung an. Auf die Gesundheit. Und aufs Geld.
Wichtig ist auch, dass der Antrag früh genug gestellt wird. Drei Monate vor dem geplanten Rentenbeginn sollten Sie aktiv werden. Nicht später. Die Bürokratie braucht Zeit – und Geduld. Wer zu spät dran ist, bekommt seine Rente nicht pünktlich. Wer sie zu früh beantragt, riskiert unnötige Abschläge. Klingt kompliziert? Ist es auch. Aber es lohnt sich, dran zu bleiben. Denn wer den Überblick behält, kann früher loslassen. Und genau darum geht es: um ein Stück mehr Freiheit nach Jahren voller Einschränkungen.