In einer geldpolitischen Kehrtwende hat die türkische Zentralbank beschlossen, den Leitzins von 8,5 auf 15 Prozent anzuheben. Damit reagiert die Türkei auf die anhaltend hohe Inflationsrate im Land. Diese Maßnahme stellt einen deutlichen Bruch mit der bisherigen auf Wachstum ausgerichteten Geldpolitik dar.
Die offizielle Inflationsrate in der Türkei liegt bei 40 Prozent, doch unabhängige Beobachter schätzen die tatsächliche Teuerungsrate sogar auf über 100 Prozent. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sind Experten der Ansicht, dass höhere Zinsen erforderlich sind, um die Wirtschaft abzukühlen, die Nachfrage zu dämpfen und damit die Preise zu senken. Lange Zeit lehnte Präsident Recep Tayyip Erdogan eine Zinserhöhung ab und setzte stattdessen auf Produktionssteigerungen und Wachstum. Er übte auch Druck auf die türkische Zentralbank aus, um steigende Zinsen zu verhindern.
Jedoch hat sich nach Erdogans Wiederwahl im Mai die Lage geändert. Er ernannte einen liberalen Ökonomen zum Finanzminister und eine erfahrene Bankerin zur Zentralbankchefin. Beide befürworten eine konventionelle Geldpolitik. In den letzten Tagen deuteten Erdogan und sein politisches Umfeld bereits an, dass eine Zinserhöhung bevorstehen könnte. Erdogans Koalitionspartner sprach sogar von “schmerzhaften” Maßnahmen, die angesichts der wirtschaftlichen Lage erforderlich seien. Einige Analysten hatten sogar noch stärkere Zinsanhebungen erwartet.