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Bitcoins 2024

Bitcoin und Kryptowährungen – Gigantischer Betrug oder Revolution des Geldes?

Bitcoin

Beim Bitcoin und den Kryptowährungen tobt eine gewaltige Schlacht im Internet. Es geht dabei um Gestalt und Zukunft des Geldes. Welche Dimensionen die Schlacht hat, wird anhand von nur zwei Zahlen deutlich. Nach Expertenschätzungen kostete der gesamte Erste Weltkrieg (1914-18) rund 230 Milliarden US-Dollar. Die Marktkapitalisierung des Bitcoins betrug im Februar 2021 rund 197,855 Milliarden US-Dollar. Selbstverständlich lassen sich die Intentionen des sinnlosen Tötens auf den Schlachtfeldern, nicht mit dem Ringen im Internet um das Geld der Zukunft vergleichen. Allerdings stehen beide Ereignisse für historische Wendepunkte. Der Weltkrieg stellte alle vorherigen kriegerischen Auseinandersetzungen in den Schatten. Die industrielle Brutalität des Tötens und auch die mittel- und langfristigen Kriegsfolgen waren damals unabsehbar. 100 Jahre später lassen sich die mittel- und langfristigen Veränderungen, die das Cybergeld gegenwärtig und zukünftig bewirkt, nur in Umrissen erahnen.

Versuch einer eingängigen Definition

Kryptowährungen sind das Geld des Internets. Es wird digitales Geld genannt, weil die Legitimierung des Besitzes durch eine digitale Signatur  erfolgt. Alle Werteinheiten (beispielsweise ein Bitcoin) und jede Transaktion (Überweisung von Absender zum Empfänger) haben jeweils eine eindeutige und einmalige, zudem verschlüsselte (kryptografische) Kennung.

Würde man diese Systematik auf das Fiatgeld  übertragen, ergäbe sich folgendes Bild: Jeder Geldschein wird anhand seiner eindeutigen Seriennummer in einer öffentlichen, für jedermann zugänglichen, Datenbank registriert. Außerdem erhielt jedes Portemonnaie eine genuine Nummer. Wechselt nun ein Schein seinen Besitzer, wandert also von einer Geldbörse in ein andere, so wird dieser Vorgang in der Datenbank registriert und für immer festgehalten. Anhand der Seriennummern (Kontrollnummern) auf den Euroscheinen kann die Echtheit und Herkunft überprüft werden.

Im Unterschied zu dem klassisch organisierten Bankensystem gibt es bei Kryptowährungen keine zentrale Stelle, die das Clearing (und letztlich die Überwachung) der Transfers übernimmt.

Die Blockchain ermöglicht demokratisches Geld

Im Oktober 2020 war die Bitcoin-Datenbank, in der alle Transaktionen verzeichnet sind, die jemals ausgeführt wurden, 340 Gigabyte groß. Diese Datenbanktechnologie heißt Blockchain – ohne sie gäbe es auch den Bitcoin nicht. Die Blockchain ist eine dezentrale, gemeinsam (von allen Bitcoin Benutzern und Besitzern) gepflegte und verwalteten Datenbank. Dezentral, weil diese Datenbank auf jedem Rechner, der über genügend Speicherplatz und eine Verbindung zum Internet verfügt, installiert werden kann. Die Computer verbinden sich nach der Installation gleichberechtigt über das Internet. Diese Querkommunikation von Rechner zu Rechner (auch Peer-to-Peer genannt) ist wichtiger Bestandteil des Sicherheitskonzeptes und macht obendrein schnelle Transfers möglich.

In der Praxis sieht das dann so aus: Person A möchte einen bestimmten Betrag an Person B transferieren. Person B muss lediglich die Kennung seiner Bitcoin Brieftasche (Wallet) an Person A übermitteln. A gibt diese in eines der zahlreichen Programme für die Verwaltung und den Transfer von Bitcoins ein. Zusätzlich muss noch der Betrag eingetippt werden und die Höhe der Transfergebühr. Diese kann in der Regel selbst bestimmt werden. Dabei gilt: Je höher die Transfergebühr gewählt wird, desto schneller geht dann der Transfer.

Im Hintergrund passiert jetzt folgendes: Das Peer-to-Peer Netzwerk prüft, ob die „Seriennummer“ des zu versendenden Bitcoins (oder einem Bruchteil davon) korrekt in der Blockchain verzeichnet ist. Und auch, ob diese Nummer der registrierten Wallet zugeordnet ist. Dies wird unabhängig voneinander von mehreren Rechnern geprüft. Sobald die Richtigkeit aller Angaben bestätigt ist, sieht Person B die empfangenen Bitcoins in seiner Brieftaschensoftware. In der Blockchain ist die Seriennummer (aber auch die Daten über den Zeitpunkt des Transfers, den Gebühren und der Wallet des Absenders) nun mit der virtuellen Brieftasche von Person B verknüpft. Alle seriösen Kryptowährungen werden nach diesem Prinzip organisiert und transferiert. Selbstverständlich hat jede Währung ihre eigene Blockchain.

Voraussetzung für die endgültige Gutschrift sind in der Regel Bestätigungen von mindestens drei unabhängigen Rechnern im Peer-to-Peer Verband. Abhängig von der selbst gewählten Transfergebühr und dem aktuellen Transferaufkommen dauert diese Überweisung von wenige Minuten bis zu 24 Stunden. Die Kosten für den Transfer liegen deutlich unter denen, die etablierte Dienstleister im Netz für den Transfer von Geld verlangen.

Person B kann mit den empfangenen Bitcoins jetzt beispielsweise ein Auto von Tesla bestellen (Model 3 kostet im Februar 2021 circa 0,785 Bitcoin). Oder aber B benötigt Fiatgeld um einen Gebrauchtwagen bar bezahlen zu können. Dafür wählt B eine der zahlreich im Netz zu findenden Tausch- oder Handelsbörsen aus und verkauft oder tauscht die Bitcoins aus seiner Wallet. Das „Offline-Geld“, welches für die Kryptos gezahlt wird, geht dann den klassischen Weg und wird in der Regel auf ein Bankkonto überwiesen. In den Tauschbörsen, wie beispielsweise LocalBitcoins.com, kommen private Käufer und Verkäufer zusammen und handeln ihre Bitcoins direkt miteinander. Die Handelnden benötigen dabei nicht unbedingt eine Bank. Losgelöst vom etablierten Bankensystem bekommt das Internetgeld einen urdemokratischen Charakter. Keine Institution reguliert, kontrolliert und drangsaliert die Kontoinhaber mehr. Weltweit, ohne Grenzkontrollen oder Kontrollen durch Zentral- oder Nationalbanken.

Ein Kapitel für sich: Kryptowährungen und die Banken

Bitcoin und Co. sind den etablierten Banken weltweit ein böse piksender Dorn im Auge. Als der Bitcoin zu Beginn der 2010er-Jahre einem breiteren Publikum bekannt wurde, erkannten die Banken rasch, welche Gefahren von den neuen Internetwährungen ausgehen. Die Fachleute in den Geldhäusern analysierten das Problem und rechneten hoch, was die Verwendung von „unabhängigen“ Geld für ihr Geschäftsmodell bedeutet.

Nur ein winziger Mosaikstein des Bedrohungspotenzials aus der Sicht der Banken und Sparkassen: Für die Überweisung von Konto zu Konto benötigen die überwiegende Zahl der Geldhäuser heutzutage noch immer die gleiche Laufzeit wie in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Banken verfügen über die technischen Mittel für einen sofortigen Transfer (teure Blitzüberweisungen sind ja möglich), doch sie setzen sie aus Gründen der schnöden Gewinnmaximierung nicht ein.

Experten wissen, dass die Banken, das täglich zu transferierende Geld für nur ein, zwei oder drei Tage (während also die angebliche Überweisung läuft und der Empfänger wartet) „verstecken“. Genauer gesagt, es wird beispielsweise im Interbankenhandel als Tagesgeld verliehen. Eine gigantische Einnahmequelle mit der die Bankhäuser weltweit wahrscheinlich mehr als 900 Millionen US-Dollar verdienen. Und zwar täglich! Niedrigzinsen gibt es ja nur für die, abfällig Kleinsparer genannten Kunden, die ihr Geld aus Unwissenheit über seriöse Alternativen einer Bank anvertrauen. Die Investmentabteilungen oder besser ausgedrückt: die Spekulationscasinos innerhalb der Bank realisieren auch im Jahr 2021 locker Zinsen von 0,5 bis 5 Prozent – pro Tag!

Mit jeder Überweisung, die nun über das Peer-to-Peer Netzwerk einer Kryptowährung abläuft, verliert ein Geldhaus Einnahmen, und zwar aus Gebühren und Tagesgeldzinsen. Konsequenterweise hatten die Banken deshalb zunächst eine heftige Abwehrfront gegen das Cybergeld gebildet. Mitte der 10er-Jahre fanden sich auf den Websites aller Publikumsbanken dringende Warnungen vor dem Internetgeld! Die Commerzbank ging so weit, Konten ohne Vorwarnung einzufrieren, wenn ein Sachbearbeiter vermutete, das über ein Girokonto Bitcoins ge- oder verkauft wurden. Offiziell genannter Grund: man vermutete illegale Geschäfte!

Keine fünf Jahre später hat sich das Bild radikal gewandelt. Alle Geldhäuser suchen händeringend Spezialisten für Kryptowährungen und zahlen Spitzengehälter für Frauen und Männer, die sich mit dem Cybergeld gut auskennen. Die Commerzbank stellt eine ausführliche Ratgeberseite online. Sie will nun den lieben Kunden helfen, Bitcoins zu erwerben  und zu besparen. Leider stellt sich in der Praxis oft heraus, dass diese Wandlung vom Saulus zum Paulus nur ein Marketingtrick und ein trojanisches Pferd ist. Kommt ein interessierter Kunde zu einem Bitcoin-Beratungsgespräch, wird zunächst doch versucht, die besser verprovisionierten, eigenen Bankprodukte zu verscherbeln. Ja, das mit den Bitcoins ist ja schön und gut, doch es ist auch sehr kompliziert …

Und überall kommt der unübersehbare fett gedruckte und laut ausgesprochene Hinweis: Achtung, wenn sie auf Bitcoin setzen, können sie alles verlieren. Diese Anlageform ist hochspekulativ!

Bemerkenswert, dass diese Hinweise von den gleichen Institutionen und Personen kommen, die ihren Kunden so absolut sichere und renditestarke Aktien, wie beispielsweise noch 2007/2008 die der Lehman Brothers Inc. oder 2019/2020 die der Wirecard AG, angeboten und verkauft haben. Ja, eine gewaltige Schlacht tobt im Internet. Es geht dabei um die Hoheit über das zukünftige Geld.

Kryptowährungen = Kontrollverlust

Auf diese einfache Formel bringen es Finanzdienstleister, aber auch nationale Regierungen. In den Jahren 2009 und folgende diskutierte man in Deutschland über Verbote und Einschränkungen. Sehr kompetente (wie jüngst im Wirecard-Skandal bewiesen) Institutionen wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht schalteten sich ein, um gewaltigen Bedenken und Vorbehalte zu verlautbaren. Außerhalb Deutschlands  sah man die Entwicklung teilweise radikal anders. Der japanische Premier Shinzo Abe machte Bitcoin & Co. zu einem Hauptbestandteil seines groß angelegten Konjunkturprogramms. Andere asiatische Staaten legitimierten Kryptowährungen und förderten mit Steuernachlässen oder gar Steuerfreiheit für definierte Zeiträume, die Geschäfte, die mittels Cybergeld abgewickelt wurden.

2013 zog dann endlich das deutsche Bundesfinanzministerium nach und erkannte die digitalen Währungen als sogenannte „Rechnungseinheiten“ an. Der Grund? Es gab inzwischen die ersten Bitcoin-Millionäre. Und nur mit einer offiziellen Anerkennung und Legalisierung der Kryptowährungen konnten die Geschäfte und Gewinne mit Steuern belegt werden.

Zunächst hatten die Behörden und zahlreiche Fachleute auf den Umstand hingewiesen, dass Bitcoins bei illegalen Geschäften im Internet als (anonymes) Zahlungsmittel dienten. Schon deshalb müsste das ganze „Zeug“ eigentlich komplett verboten werden. Diese Argumentation wurde schnell aus den Angeln gehoben. Die überwiegende Form von illegalen Geschäften wird nämlich mit (unversteuerten, gestohlenen oder gefälschtem) Bargeld vollzogen. Und wohl niemand käme darauf, das Bargeld aus diesem Grund abzuschaffen. Nicht das Messer ist die Gefahr, sondern die Hand, die es führt.

So wie die Banken, mussten die staatlichen Institutionen verwundert feststellen, dass der Bitcoin-Zug schon längst abgefahren war und bereits eine ansehnliche Geschwindigkeit erreicht hatte. Aufhalten war nicht mehr möglich. Also wurde nun alles getan, um auf den fahrenden Zug noch aufspringen zu können.

Wer ist Bitcoin Didi?

Er glaubt felsenfest an die Zukunft des Bitcoins. 2017 verkaufte Didi Taihuttu alle Dinge, die er und seine Familie nicht wirklich zum Leben brauchten. Sein Haus veräußerte er für 85 Bitcoins. Die ganze Familie zog auf einen billigen Campingplatz und lebte bescheiden. Alle Einkünfte wurden in Bitcoins umgetauscht. Es gab ein gewaltiges Kopfschütteln: Wie kann ein 39-jähriger Familienvater nur so etwas tun? Heute dürfte der Niederländer eine Bitcoin-Wallet im Wert von mehreren Millionen Euro besitzen. Zugegeben, Didi und seine Familie sind sicherlich ein exotisches und nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlenes Beispiel. Doch es zeigt deutlich, das Cybergeld für viele Menschen bereits heute konkrete Realität ist.

Im März 2021 gibt es rund 8.400 verschiedene Kryptowährungen mit einer summierten Marktkapitalisierung circa 1,87 Billionen US-Dollar. Der Bitcoin hat daran einen Anteil von rund 58 Prozent. Einige dieser Währungen aus dem Netz sind sicherlich von schwer durchschaubarer Herkunft und nur mit größter Vorsicht und viel Hintergrundwissen als Investitionsobjekt geeignet. Doch die Währungen auf den ersten 20 oder 30 Ränge in der Liste der Kryptowährungen werden in den kommenden Jahren das Geschehen im Geldraum Internet zunehmend bestimmen. Ob  in 10 oder 20 Jahren die gelisteten Cyberwährungen noch existieren, kann niemand voraussagen. Vielleicht gibt es dann eine neue, gänzlich veränderte Technologie des Bezahlens. Doch egal, wie diese Entwicklung genau aussieht, eines ist sicher. Bitcoin  und die anderen Kryptowährungen haben das Tor aufgestoßen, den Damm gebrochen. Ein Rückfall in Vor-Bitcoin-Zeiten kann und wird es nur geben, wenn das Internet vollständig und für immer abgeschaltet wird.

Aktualisiert am 30. Januar 2024